Wissenschaftliche Tagung «Kulturelle Unterschiede: Auf der Suche nach Lösungen bei der Übersetzung der Bibel in die Sprachen der Völker Russlands und der GUS»
6. November 2015

Wie übersetzt man Ausdrücke für Realien, die charakteristisch sind für die Kultur des alten Israel, in eine Sprache, in der diese Realien eigentlich gar nicht existieren? Inwiefern ist es zulässig, diese Realien in einen neuen kulturellen Kontext zu übertragen und und in welchem Masse kann sich eine Übersetzung an den kulturellen Kontext des Volkes, in dessen Sprache übersetzt wird, anpassen? Diesen Fragen, die bis zum heutigen Tag unter Bibel-Wissenschaftlern für heisse Köpfe sorgen, widmet sich die IBÜ-Tagung  «Kulturelle Unterschiede – Lösungswege für die Bibelübersetzung in die Sprachen Russlands und der GUS».

Ungefähr 50 Teilnehmer aus 19 Übersetzungsprojekten nahmen an dem Seminar teil. Folgende Sprachen waren vertreten: Abchasisch, Adygeisch, Ersa-Mordwinisch, Inguschisch, Jakutisch, Kabardinisch, Kalmükisch, Kirgisisch, Komi-Syrjänisch, Komi-Permjakisch, Kurdisch, Lakisch, Mari, Mokscha-Mordwinisch, Nenzisch, Nogai, Tabassaranisch, Tadschikisch, Udi. Als Referenten traten erfahrene Linguisten, Bibel-Wissenschaftler und Anthropologen des IBÜ, wie auch der Partnerorganisationen für Bibelübersetzung SIL und UBS auf.

Wie sollen denn Aspekte der biblischen Kultur in die eigene Sprache übertragen werden, wie etwa Polytheismus oder Polygamie, die Beziehung zum Heiligen und zum Profanen, zum Reinen und Unreinen, die Vorstellungen von Ehre und Scham usw.? Soll man versuchen, den Graben zwischen den beiden Kulturen – der Kultur des antiken Israel und der Kultur der Zielsprache – zu überwinden? Müssen sinnverwandte Wörter für diejenigen Begriffe und Realien gesucht werden, wie sie im biblischen Isreal existierten, oder soll, ganz im Gegenteil,  die kulturelle Distanz gewahrt werden, und dort, wo Fragen entstehen, mit Anmerkungen und ergänzenden Materialien ausgeholfen werden? Kann man zum Beispiel Brot durch Fisch ersetzen oder Wein durch Milch bei der Übersetzung in die Sprachen, in denen diese Realien und Begriffe nicht existieren? Und was ist zu tun, wenn die Überwindung der kulturellen Distanz schlicht unmöglich ist?

Der Diskussion dieser Fragen sowohl auf theoretischer wie auch auf praktischer Ebene war diese Tagung gewidmet.  Es umfasste sowohl wissenschaftliche Vorträge wie auch den Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern der verschiedenen Übersetzungsprojekte. Jedoch haben die erfassten Probleme kaum je eine eindeutige Lösung und hängen von den Erwartungen und Bedürfnissen des Zielpublikums ab. Die Referate und die Materialen der praktischen Kolloquien der Tagung sollen in einem Sammelband veröffentlicht werden.

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