Die vielseitige Aufgabe der Bibelübersetzer und -übersetzerinnen
Rundbrief. Frühling 2020

Anlässlich von Übersetzungs-Workshops kommen viele Übersetzungsteams zusammen, um gemeinsam praxisbezogen zu arbeiten und um ihre Erfahrungen miteinander und mit ihren Beratern auszutauschen. Der ganze Prozess gleicht einer überaus intensiven Brainstorming-Sitzung. Die Intensität dieser Arbeit führt zu neuen Entscheidungen in einer Übersetzung, manchmal sogar zu völlig neuen Zugängen zum Übersetzen an sich. Wenn wir bei einem solchen Workshop mit den verschiedenen Übersetzerinnen und Übersetzern sprechen, erhalten wir einen kleinen Einblick in die Komplexität ihrer Arbeit. In diesem Rundbrief möchten wir einige Eindrücke mit Ihnen teilen, die wir anlässlich des kürzlich abgehaltenen Workshops erhielten. Es ging dabei um die Kleinen Propheten, wobei das Hauptaugenmerk auf Haggai, Zephanja und Joel lag.

 Die allererste Aufgabe des Übersetzers besteht darin, den Text der Bibel richtig zu verstehen. Das beinhaltet nicht nur das Verständnis der Wörter an sich. Es geht auch um die dahinter stehende Wirklichkeit, die oft eine Bedeutung enthält, welche oberflächlich gesehen nicht von vorne herein klar ist. Der kumükische Übersetzer erzählte uns, wie beeindruckt er durch die Beschreibung der Heuschreckeninvasion in Joel 1 war: „Wenn wir den Text in verschiedenen Sprachen nachschlagen, dann sehen wir, dass es verschiedene Wege gibt, diese Verse zu übersetzen. In einigen Übersetzungen wird von verschiedenen Stadien der Entwicklung der Heuschrecken gesprochen, in anderen dagegen geht es um verschiedene Insektentypen. Der kumükische Leser ist mit den Heuschrecken vertraut, und es ist nicht schwierig, diesen Abschnitt wörtlich zu übersetzen. Was ich aber nicht verstehen konnte, war Vers 7, wo es heisst, dass die Zweige des Feigenbaumes weiss werden. Erst nach der Erklärung des Beraters verstand ich, dass die nagenden Heuschrecken sogar die Baumrinde gefressen haben, so dass die Zweige weiss wurden. Als wissenschaftlicher Literaturkritiker erkenne ich klar, dass hier das Mittel der Steigerung angewendet wird: Durch das Bild der Heuschreckeninvasion zeigt der Prophet, dass das Unheil an Intensität zunimmt. Das ist es also, was durch meine Übersetzung klar werden muss.“

Ein anderes Beispiel aus Joel 1: In Vers 13 lesen wir „…liegt (die ganze Nacht) in Säcken.“ Als die Workshop-Teilnehmenden durch den Instruktor gefragt wurden, wie sie diese Worte verstehen, antworteten die meisten mit der am nächsten liegenden Interpretation: „Der Prophet sagt seinen Zuhörern, sie sollten die ganze Zeit in Sacktuch einhergehen.“ Die awarische Übersetzerin aber brachte einen völlig anderen Ansatz: „Das ist ein Aufruf zum Wachen und nicht zum Schlafen, weil das Sacktuch die Busse symbolisiert. In der Tradition des Alten Testaments ist das Sacktuch lediglich ein äusserliches Zeichen. Die Übersetzung muss die Idee aufzeigen: ‚Schreit die ganze Nacht zu Gott, schlaft nicht ein!‘ Wenn die Busse echt ist, gibt es keine Zeit zum Schlafen. Wenn wir also übersetzen ‚Schlaft in Säcken‘, geben wir ein grosses Missverständnis weiter. Wenn wir im biblischen Text einer Redensart oder einem Sprachbild begegnen, sollten wir sie als solche erkennen und nicht zu wörtlich übersetzen. Sonst könnte unsere Übersetzung schief gehen.“

Wenn die Bedeutung des biblischen Abschnitts klar geworden ist, besteht die nächste schwierige Aufgabe darin, diese Bedeutung in der Empfängersprache angemessen wiederzugeben. Manchmal besteht das Problem darin, dass unterschiedliche Kunstgattungen in verschiedenen Sprachen punkto Stil ganz unterschiedlich wiedergegeben werden. Die yakutische Übersetzerin erklärte ihr Problem so: „Ich muss in diese prophetischen Texte hineinwachsen, damit ich sie in meine Sprache übertragen kann. Die yakutische Sprache ist orientalisch, blumig. Für uns ist Poesie Fülle, Überfluss, im alten Hebräisch dagegen ist Poesie höchst verdichtet. Der Stil der Propheten ist die Untertreibung, und ich kann das nicht richtig wiedergeben. Ich befürchte sehr, meine eigenen Verbesserungen hinein zu bringen, weil die yakutische Sprache eine singende Sprache ist, sie erfordert Beredsamkeit, Sprachgewalt und eine Fülle an Farben. Wenn ich den Bibeltext so wiedergebe, wie er auf Hebräisch lautet, kann dies für yakutische Ohren sehr trocken tönen. Andererseits kann die Tatsache, dass die Propheten vorwiegend Poesie schrieben, die Situation vielleicht auch retten. Ich muss einfach den richtigen Übersetzungsstil finden, und das ist meine Aufgabe in der nächsten Zukunft.“

Im Juni 2020 würden wir gerne nochmals ein Seminar dieser Art durchführen. Es kostet uns 5 500 CHF.
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