Die usbekische Bibel wurde als erste vollständige Bibel in der Muttersprache des über dreissig Millionen zählenden usbekischen Volkes in 2016 veröffentlicht. Seither wird sie in allen christlichen Gemeinden gelesen und wurde auch in die usbekische Gesellschaft insgesamt integriert. Die usbekische Bibel-App für Smartphones hält seit mehreren Jahren in Folge den Rekord als die am häufigsten heruntergeladene IBT-App. Eine der Übersetzerinnen des Projekts, nennen wir sie Esther (sie bat uns, ihren richtigen Namen nicht zu verwenden, da Usbekistan ein muslimisches Land ist), erzählte uns mit Begeisterung ein paar Geschichten über ihre langjährige Arbeit im Projekt und wie die Bibel von den Menschen aufgenommen wird.
"Die usbekischen christlichen Gläubigen freuten sich sehr darauf, die ganze Bibel zu erhalten. Die Einstellung zur Bibel im traditionell islamischen Volk ist unterschiedlich, aber was alle unsere Leser und Leserinnen unabhängig von ihrer Religion gelobt haben, war die Schönheit und Klarheit der Sprache der übersetzten Texte. Ein usbekischer Gelehrter, Universitätsprofessor und traditioneller Muslim, sagte sogar: "Dies ist eines der am besten übersetzten Bücher, die ich je auf Usbekisch gelesen habe." Wir freuten uns, dies von einem Fachmann dieses Kalibers zu hören. In den christlichen Gemeinden jedoch gibt es Gläubige, die die frühere Übersetzung des Neuen Testaments (1992) bevorzugen, sie basiert auf der russischen Synodalübersetzung. Die erstmals übersetzen Bücher des Alten Testaments wurden aber von allen in den Gemeinden gut aufgenommen. Nur bei den Psalmen, die bereits 1992 zusammen mit dem Neuen Testament veröffentlicht worden waren, war das nicht der Fall. Viele Gläubige kannten diese Psalmen auswendig und als dann die neue Übersetzung da war, fingen sie sofort an zu kritisieren und sagten, dass die alte Übersetzung schöner, poetischer klinge. Auch heute noch gibt es Gemeinden, die die alte Übersetzung bevorzugen, und wir sagen ihnen: "Niemand hat die alte Übersetzung gestrichen, ihr könnt sie verwenden, wenn ihr wollt." Es ist immer so: wenn man sich an das Alte gewöhnt hat, ist es sehr schwer, etwas Neues zu akzeptieren. Aber hier ist ein Beispiel dafür, wie die neue Übersetzung nach und nach angenommen wird: Pastoren aus anderen Ländern kommen und predigen, zitieren die Bibel in ihren Predigten, ihre Predigten werden ins Usbekische übersetzt und die Bibelzitate werden aus der neuen Übersetzung gelesen, denn dank der Bibel-App des IBT haben alle Zugang zu dieser Übersetzung. Die Prediger stellen klärende Fragen, um zu sehen, ob sie von ihren Zuhörenden richtig verstanden wurden, und schliessen mit freudiger Überraschung: "Was für eine gute Übersetzung des biblischen Textes ihr habt! Sie ist sehr nah am hebräischen und griechischen Original!" Das ist der Moment, in dem unsere Zuhörenden anfangen zu erkennen: "Oh, so ist es also: diese neue Übersetzung ist offenbar sehr gut, weil sie nicht auf der russischen Synodalübersetzung basiert, sondern auf den Originalsprachen!" Neben dieser Nähe zum Original ist unsere Übersetzung auch gut verständlich. Als wir daran arbeiteten, testeten wir jedes Buch mit usbekischen Leser und Leserinnen. Jedes Kapitel wurde mit Personen verschiedenen Alters und unterschiedlichem Bildungshintergrund getestet."
"Hier ist ein Beispiel dafür, warum eine auf Verständlichkeit basierte Übersetzung einer wörtlichen vorzuziehen ist. Wir haben Kapitel 5 von Daniel getestet, die Episode, in der eine übernatürliche Hand erscheint und "MENE, MENE, TEKEL, UPHARSIN" an die Wand des Festsaals von König Belsazar schreibt. In Vers 27 haben wir übersetzt: "Du wirst auf der Waage gewogen und sehr leicht befunden." Nun, fragte ich mich, wie könnte es sonst übersetzt werden? Wir haben diese Passage mit Gläubigen aus unserer Gemeinde getestet. Sie haben es sinngemäss richtig verstanden. Aber am nächsten Tag testeten wir den gleichen Text mit einem Muslim, der das, was er verstand, mit den folgenden Worten interpretierte: "Oh, dieser Mann ist ohne Sünde, da er als leicht befunden wurde! Wenn ein Mensch sündig ist, so lastet eine Last auf ihm, und er kann nicht über die haardünne Brücke gehen, die über die feurige Gehenna führt, um in das Paradies einzugehen!" Er übernahm dieses Bild der Brücke Sirat aus der islamischen Überlieferng. Und da wurde uns klar, dass wir ein Problem hatten. Eine wörtliche Übersetzung führte zu diesem groben Missverständnis. Also mussten wir eine Änderung vornehmen und so übersetzen: 'Du wurdest gewogen und für unwürdig befunden, zu herrschen.' Wir mussten eine weniger wörtliche Übersetzung machen, damit muslimische Leser nicht das Gegenteil von dem verstehen, was es eigentlich bedeutet!"
Ich fragte Esther, ob sie von Fällen wisse, in denen Leute, die sich an den Kanon des Islam halten, die usbekische Übersetzung der Bibel lasen, obwohl in der muslimischen Welt die Meinung weit verbreitet sei, dass die Bibel verfälscht worden sei. Ich wollte hören, ob es jemanden gäbe, der aus persönlichem Interesse die Bibel lesen wolle. Sie antwortete mit einer erstaunlichen Geschichte:
"Wir haben eine Familie von neuen Gläubigen in unserer Kirche. Sie nähen Kleider, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie zogen nach Taschkent und mieteten ein kleines Zimmer, in dem sie leben und eine Schneiderei haben. Ich wurde gebeten, einer jungen Frau aus dieser Familie eine Bibel zu geben. Wir fuhren zu ihr nach Hause, ich überreichte ihr eine Bibel, und sie legte sie auf ihre Nähmaschine. Eine Nachbarin der Familie aus Choresm kam oft in die Nähstube. Sie war eine eifrige Muslimin und trug immer einen Hijab. Sie bemerkte die Bibel auf der Nähmaschine und sagte: "Oh, Mukaddas Kitob! (So heißt die Bibel auf Usbekisch: „Heiliges Buch“). Du hast ein heiliges Buch hier!" Sie nahm es, öffnete es und fing an, direkt aus dem ersten Buch Moses zu lesen, beginnend mit der Schöpfungsgeschichte. Und so las sie weiter und weiter und konnte nicht mehr aufhören. Schließlich fragte sie: "Darf ich das Buch mitnehmen und es dir heute Abend zurückbringen?" Sie nahm das Buch und ging. Am Abend kam sie ohne Buch zurück und erklärte: "Na ja, zum Lesen hast du sowieso keine Zeit, weil du so viel Arbeit hast! Wie wäre es, wenn ich jeden Tag fünf Kapitel lese und vorbeikomme und dir dann erzähle, was ich gelesen habe?" Ein paar Monate lang tat sie es. Dann wurde es Zeit für sie, nach Choresm zurückzukehren. Sie kam zu unserer Näherin und sagte: 'Weiss du was? Ich gebe dir dieses Buch nicht zurück. Mir hat es so gut gefallen! Aber du hast keine Zeit, es zu lesen. Ich nehme es mit, okay?" Darauf rief mich die junge Näherin sehr verärgert an und beschwerte sich: 'Esther, sie hat mein Buch genommen und will es nicht zurückgeben, ich weiß nicht, was ich tun soll.' Ich sagte: 'Lass ihr einfach das Buch, verlange es nicht zurück, und ich besorge dir ein anderes.' An diesem Tag hatte ich einen Audioplayer mit einer Aufnahme der früheren usbekischen Übersetzung dabei. Ich brachte ihr diesen Audioplayer mit, damit sie zusammen mit ihren Näherinnen die Bibel hören konnte, während sie arbeiteten. Später brachte ich ihr eine neue Bibel. Und raten sie mal, was mit ihrer Nachbarin geschah, die ihr die Bibel weggenommen hatte, um sie in ihrem Haus in Choresm zu lesen: Sie legte ihren Hijab ab! Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob und wie sich ihre Weltanschauung verändert hat, aber nach den Worten ihrer Nach barin ist eine so einschneidende Veränderung in ihrem Aussehen eingetreten. Ich möchte klarstellen, was das bedeutet: Das Tragen eines Hijab ist derzeit ein populärer Trend in Usbekistan. Aber historisch gesehen war der Hijab nie ein traditionelles Kleidungsstück unter den Usbekinnen. Es war eine arabische Kleidung. Wir sind zwar ein muslimisches Volk, aber wir sind keine Araber, wir sind Usbeken! Wir haben vier Jahreszeiten und entsprechend diesen Jahreszeiten schöne traditionelle Kleider. Was die arabische Kleidung betrifft, so ist die Geschichte, dass es sich ursprünglich überhaupt nicht um religiöse Kleidung handelte. Es war nur ihre traditionelle Kleidung, denn die Araber müssen ihren Körper bedecken und ihre Haut vor der heissen Sonne schützen. Sie hatten solche Kleider schon vor dem Erscheinen des Islam in ihrem Land. Im Moment haben wir einfach eine Mode der Arabisierung. Ob sie es verstehen oder nicht, Menschen, die den Islam praktizieren, fangen an, arabische Kleidung zu tragen. Vielleicht erkannte diese junge Frau, die anfing, in der Bibel zu lesen, einfach, dass es bei ihrer Beziehung zu Gott nicht um die Form ihrer Kleidung ging, und hörte auf, den Hijab zu tragen. Ich werde keine anderen Vermutungen anstellen, aber ich glaube, dass Gott in ihrem Herzen wirkt."
Wir planen in diesem Jahr 300 Exemplare des Johannesevangeliums zu drucken.
Eine Kopie kostet CHF 8.Vielen Dank für Ihre Unterstützung
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Ev.ref. Kirchgemeinde Zürich-Hirzenbach
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