Die Bibel “im original” zu lesen
Rundbrief, Winter 2022-2023

Die vollständige Bibel in dem von den Kurden in Armenien und Russland gesprochenen Kurmandschi-Dialekt befindet sich in der Endphase der Arbeit, und wir bei IBT hoffen, dass sie bereits 2024 veröffentlicht werden kann. In dieser letzten Phase der Arbeit kommt dem philologischen Redakteur besondere Bedeutung zu. Dabei handelt es sich um einen muttersprachlichen Kurmandschi-Sprecher, der die Übersetzung in Bezug auf Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung und Natürlichkeit verbessert und zusammen mit den Teammitgliedern die von den Rezensenten vorgeschlagenen Korrekturen bewertet. Im Laufe der jahrzehntelangen Arbeit hatte das IBT/SIL/UBS-Kurmandi-Übersetzungsprojekt mehrere philologische Redakteure, und im Jahr 2017 kam ein hochprofessioneller neuer Sprachspezialist zum Team hinzu – gerade rechtzeitig, um die Arbeit an der Gesamtbibel zusammenzuführen. Nachdem er kürzlich an der Audioaufnahme von Jona mitgewirkt hatte, teilte Bachram (wir verwenden aus Sicherheitsgründen ein Pseudonym) den IBT-Mitarbeitenden seine Eindrücke von der Arbeit mit und auch die Geschichte, wie er zu dem Projekt kam.

“Es war in der kurdischen Gemeinschaft bekannt, dass ich an der Moskauer Sprachuniversität Kurmandschi unterrichtete, und eines Tages erhielt ich einen Anruf von Seraphim (ein Kurde, der zum orthodoxen Christentum konvertierte und Mönch geworden ist – siehe seine Geschichte in Glimpses of the Glassy Sea, S. 64-65). Seraphim sagte: ‚Onkel Bachram, ich brauche deine Hilfe bei der Übersetzung orthodoxer Texte ins Kurdische, und ich würde auch gerne Unterricht bei dir nehmen, um mein Kurdisch zu verbessern.‘ Also lud ich ihn ein, mich in Moskau zu besuchen, und wir arbeiteten zusammen.”

 Hier unterbrach ich Bachram mit einem Ausruf der Überraschung, dass er zufällig Seraphims Onkel war. Bachram lächelte und erklärte, dass die Anrede “Onkel” in der kurdischen Kultur typisch ist, wenn man sich an eine angesehene ältere Person wendet. Dann fuhr er fort: “Seraphim erzählte mir, dass es ein bestimmtes Institut für Bibelübersetzung gibt, in dem unter anderem die Bibel ins Kurmandschi übersetzt wird und ein Spezialist wie ich dringend gebraucht wird. Er fragte mich, ob ich mich mit ihnen bekannt machen wolle, und ich sagte zu. Ich setzte mich mit dem kurdischen Projektkoordinatoren in Verbindung, kam ins IBT-Büro und sah zum ersten Mal kurdische Bibelübersetzungen.”

Ich stellte meine nächste Frage: “Was war Ihr Eindruck von diesen Texten?” Bachrams Antwort war sehr emotional: “Mein erster Eindruck war und ist, dass die Leute, die die Aufgabe übernommen haben, das Alte und das Neue Testament ins Kurmandschi zu übersetzen, wahre Helden sind! Wir Kurden haben kein eigenes Land, wir haben keine offiziell kodifizierten Sprachnormen und auch keine Institutionen, die sich auf die Entwicklung der kurdischen Sprache spezialisiert haben. Jedes Dorf hat seine eigene Sprachvariante, und es ist unglaublich schwierig, die goldene Mitte zu finden, die von allen verstanden wird. Ich habe in meinem Leben schon mit vielen Übersetzungen zu tun gehabt, daher weiß ich, was für eine schwierige Aufgabe das im Allgemeinen ist, aber die Bibel zu übersetzen, ist der höchste Schwierigkeitsgrad. Wenn ich eine Bibelstelle verstehen will, nehme ich mehrere russische und armenische Übersetzungen und vergleiche sie miteinander, aber diese Leute haben ihre Kurmandschi-Übersetzung von Grund auf erstellt! Niemals hätte ich eine so ungeheuer schwierige Aufgabe auf mich nehmen können.”

Ich bat Bachram, ein paar Worte über sich selbst zu sagen und ob die Bibel in seinem Leben eine Rolle gespielt hat, bevor er zum IBT-Übersetzungsteam kam. Dies ist seine Geschichte: “Meine Wurzeln lassen sich bis zum Völkermord an den Kurden durch die osmanischen Türken zurückverfolgen. Mein Großvater kam damals ums Leben und meine Eltern flohen als Kinder nach Armenien. Ich wurde in den 1950er Jahren im sowjetischen Armenien geboren. Nach der Schule wollte ich Geschichte studieren und fand heraus, dass die Fakultät für Orientalistik an der Universität von Armenien eine Spezialisierung auf Kurdologie anbot. So begann mein wissenschaftliches Studium.” Ich fragte Bachram, ob die traditionelle jesidisch-kurdische Gesellschaft es ihm erlaubte, ein Universitätsstudium zu absolvieren, aber meine Frage erwies sich als irrelevant, denn es war noch die Sowjetzeit, in der alle religiösen Ansichten, die der Staatsideologie widersprachen, verfolgt wurden. Obwohl es in der jesidischen Tradition als Sünde gilt, eine Ausbildung zu erhalten, sagte Bachram, dass in der UdSSR kein kurdischer Scheich oder Pir bereit war, ins Gefängnis zu gehen, weil er junge Kurden und Kurdinnen daran hinderte, eine Ausbildung zu erhalten. Dennoch war die Familie von Bachrams Eltern sehr traditionell. Sie hielten alle jesidischen Rituale, Feiertage und Fasten ein. Obwohl Bachram die kurdische Folklore und ihre interessanten Hochzeitsbräuche, Beerdigungszeremonien usw. liebt, ärgert er sich jedes Mal, wenn er nach dem jesidischen Glauben gefragt wird, und sagt, dass es keine Klarheit und viele Widersprüche in den jesidischen Lehren gibt. Paradoxerweise wurde die jesidische Gemeinschaft in der Sowjetunion von der Assimilierung durch das muslimische Umfeld des übrigen kurdischen Volkes verschont. Bachram beschreibt dies folgendermaßen: “Wir kritisieren jetzt unsere sowjetischen Jesiden, aber andererseits, wie hätten sie sonst inmitten dieser nahöstlichen Welt überleben können? Fast alle anderen Kurden sind zum Islam konvertiert. So gut wie die gesamte kurdische Welt hat den Islam angenommen, während dieser Teil den Islam nicht akzeptiert hat!”

Es war interessant, Bachram zuzuhören, denn seine Position unterscheidet sich radikal von der der anderen kurdischen Teammitglieder von IBT. Alle anderen sind Christen, die aufgrund ihrer persönlichen Suche nach Gott und der Wahrheit von der jesidischen Religion konvertierten und sich dann der Bibelübersetzung widmeten. Obwohl diese Hingabe sie in Bachrams Augen zu Helden machte, betrachtet Bachram die christliche Verkündigung im Allgemeinen als eine Bedrohung für die kurdische jesidische Kultur, die er liebt und als Orientalist studiert. Während unseres Gesprächs kam es zu einem heftigen Disput zwischen ihm und einem anderen Teammitglied. Bachram betonte, dass das Verschwinden der einzigartigen jesidischen Kultur ein unwiederbringlicher Verlust für die gesamte Menschheit wäre. Dieses Thema verdeutlicht den sensiblen und tragischen Konflikt zwischen dem Wert der traditionellen Kultur und dem Wert der einzelnen menschlichen Seelen. Während der Diskussion zwischen den kurdischen Teammitgliedern kam der Projektkoordinator wieder auf die Bibel zu sprechen. Er fragte Bachram, ob die Bibel ihn persönlich in irgendeiner Weise beeinflusst habe, und nach all der vorangegangenen Polemik waren wir überrascht, Folgendes zu hören:
“Ja, das hat sie, und zwar auf eine einfach menschliche Art und Weise. Wenn man die Bibel liest, sieht man den Ursprung des Guten, man sieht, was Wahrheit ist und was nicht, und wie ein Mensch sein sollte. Wenn ein normaler Mensch das liest, wie wird seine Reaktion sein? Sie wird natürlich positiv sein, sehr positiv! Ich bin sehr froh, dass ich die Bibel jetzt vom Anfang bis zum Ende kenne. Vor diesem Werk wusste ich, dass es das Christentum gibt, ich wusste von Christus, aber ich kannte kein einziges Detail aus dem Alten und Neuen Testament. Die Beschäftigung mit der Bibel war also für mich als Orientalist sehr interessant. Ich bin sehr dankbar für diese Gelegenheit. Ich hatte an der Universität Weltreligionen studiert, von der Orthodoxie gehört, die Geschichte des Korans studiert usw., aber erst diese Arbeit im kurdischen Übersetzungsprojekt des IBT bot mir die Gelegenheit, die Bibel tatsächlich von Anfang bis Ende im Original zu lesen...”

Mein Herz machte einen Freudensprung, als ich diesen Versprecher unseres Professors für Orientalistik hörte, der natürlich weiß, dass die Originalsprachen der Bibel Hebräisch, Aramäisch und Griechisch sind und der selbst die kurdische Übersetzung als Übersetzung korrigiert. Dennoch nannte er die Bibel in seiner Muttersprache das Original und bemerkte seinen Fehler nicht. Ich habe ihn auch nicht korrigiert, sondern einfach die Kraft des Augenblicks und die versöhnende Kraft der Bibel genossen. Der menschliche Verstand hat viele Widersprüche ... und die Bibel spricht weiterhin direkt zum Herzen.

 

Für die Arbeit des letzten Korrekturlesens der Bibel (Bezahlung für zwei Professionelle) benötigen wir CHF 3 700, also monatlich CHF 308.

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