„Wir waren überglücklich, den Ort besuchen zu können, an dem mehrere tausend Jahre zuvor Abraham wahrscheinlich stand und die Stelle sah, die Gott für die Opferung seines geliebten Sohnes Isaak ausgesucht hatte“, sagte einer der Teilnehmer einer Studienreise nach Israel mit tiefen Empfindungen. Die Reise war vom ‚Jerusalemer Zentrum für Bibelübersetzer‘ speziell für kaukasische Übersetzer des ‚Instituts für Bibelübersetzung‘ organisiert worden.
In den alten altaischen Epen begegnen wir oft folgendem Erzählmuster: Menschen, die versklavt und in ein fremdes Land weggeführt worden sind, hängen eine Wiege mit einem Säugling an einen Ast in der Hoffnung, jemand möge das Kind finden, es pflegen und erziehen. Erinnert uns das nicht an eine bekannte biblische Geschichte?
Im Institut für Bibelübersetzung denken wir ständig über die Bedeutung unserer Aufgabe nach, die Bibel in die „Herzenssprache“ der Menschen zu übersetzen. Was meinen wir aber, wenn wir von der „Herzenssprache“ reden? Als Erstes denken wir wohl an die Sprache, welche eine Person in ihrem Alltag braucht, die Sprache, in der es ihr am leichtesten fällt, anderen Menschen etwas mitzuteilen. Nun ist es aber interessant festzustellen, dass dieses anscheinend so klare Bild zu verschwimmen und seine festen Umrisse zu verlieren beginnt, je mehr wir mit Vertreterinnen und Vertretern von verschiedenen Volksgruppen und Kulturen sprechen, die sich mit dem IBÜ für die Bibel und deren Übersetzung engagieren. Das ist überraschend! Es scheint eher, dass das Konzept der „Herzenssprache“ tiefer greift als die Sprache an sich und die gesamte kulturelle Weltsicht mitsamt den Ebenen der tiefsten Gefühle, der Kindheit und sogar des genetischen Gedächtnisses umfasst.
Mit diesem Rundbrief möchten wir Sie an einer wunderbaren Geschichte teilhaben lassen, die in einem unserer muslimischen Übersetzungsprojekte so passiert ist. Wir werden nicht sagen, um welches Volk es sich handelt, damit die Protagonisten nicht in Gefahr kommen. Wir haben zwei Übersetzer in diesem Projekt, nennen wir sie Eva und Josef (das sind nicht ihre wirklichen Namen). Das war aber nicht immer so. Während vielen Jahren arbeitete Eva allein an der Übersetzung. Obwohl sie nicht Christin ist, widmete sie 15 Jahre ihres Lebens der Bibelübersetzung,. Es gibt, soweit dies bekannt ist, keine Christen unter den Vertretern ihrer Volksgruppe, nicht einen Einzigen. Wie die meisten Angehörigen ihres Volks, hat Eva einen muslimischen Hintergrund. Sie ist Journalistin und eine Spezialistin ihrer Muttersprache.
Wahrscheinlich hat jede Nation oder jede Volksgruppe (oder wenigstens die Mehrzahl unter ihnen) ihre Heldengeschichten, doch nur wenige unter ihnen können für sich beanspruchen, dass ihr nationales Epos auf der biblischen Geschichte gründet. Ein solches Volk sind die Kirgisen. Ein kirgisischer Übersetzer des IBÜ berichtet uns, was er für Gemeinsamkeiten zwischen der kirgisischen Heldengeschichte und der Bibel findet. „Das kirgisische Epos ist das umfangreichste der Welt, und wir sind sehr stolz darauf. Es heisst ‚Manas‘. Ich bin zum Schluss gekommen, dass einige Handlungsstränge auf biblische Erzählungen zurückgehen...